Orgelprobe und Einweihungsprogramm 1898
...durch hohe Regierungsentschließung wurde indes verfügt, dass das alte Gehäuse zwar in angedeuteter Weise auseinandergezogen…ein verbindender Prospekt eingesetzt werden.
Die Aufstellung der Orgel ist folgende: in der Mitte des Orgelinneren und zwar im oberen Stockwerke in einem Schwellkasten das II.Manual; unmittelbar darunter der Spieltisch; links und rechts vom II.Manual und davor, sowie links und rechts vom Spieltisch die Register des I.Manuals, zuhinterst die Pedalregister. Für die Windladen ist das Kegelsystem angewendet, anstatt der früheren Abstraktur die Röhrenpneumatik.
Die Revisoren haben nur noch den Wunsch beizufügen, dass durch periodische (etwa alle 2 Jahre) erfolgende Reinigung das herrliche Werk recht viele Jahrzehnte, in Jahrhunderte in seinem guten Stand erhalten werden möge.
aus Musica sacra 1899/1
Orgelweihe und Orgelprobe
Ende des Monats Sept. des I.J. wurde in der Stadt Lindau am reizenden Ufer des Bodensees in der dortigen kath. Pfarrkirche von den Gebr.Steinmeyr aus Oettingen (Bayern) eine neue Orgel aufgestellt mit 30 klingenden Registern. Die Orgelweihe, sowie die technische Prüfung dieses majestätischen Werkes, wurde Ersteres vom Hochw. Herrn Stadtpfarrer Aubele, letzteres von Herrn Domkapellmeister Hochw. Herrn W. Widmann aus Eichstätt, am 10. Okt I.J. vorgenommen. Die von demselben sehr genau geschehene technische Prüfung ergab, dass das Werk in all seinen Theilen ein höchst interessantes sei, das der Firma Steinmeyr zur größten Ehre gereicht. Am Nachmittag des genannten Tages fand um 3 Uhr eine Kirchenmusikproduktion statt, welche Herr Domkapellmeister Stehle von St.Gallen mit seiner sehr berühmten Orgelphantasie ´O sanctissima´ eröffnete. Dieser reihten sich kirchliche Tonwerke mit nachfolgendem Programm an:
- O sanctissima – Phantasie für Orgel von J.G.Ed.Stehle
- Os justi – Introitus der Missa confessoris non pontificis aus dem Graduale Romanum
- Jubilate Deo – von Orlando di Lasso
- Gloria – aus der Missa brevis von Giov. Pierluigi (Palestrina)
- Fuge in g-moll für Orgel – von Sebastian Bach (Herr Leher a.D. L.Dollhopf von Lindau)
- Du bist´s, dem Ruhm und Ehre gebühret – Motette von Jos. Haydn
- Benedictus – aus der Messe in C von W.A.Mozart
- Orgelsonate Nr.4 in D – von Chr.Fink (Herr Domvikar und Domkapellm. W.Widmann von Eichstätt)
- Regina coeli – für Soli und Frauenchor mit obligater Orgelbegleitung von J.Rheinberger
- Credo – aus der ´Preis Messe´ von J.G.Ed.Stehle
- Phantasie für Orgel – von J.Rheinberger (Herr Chordirektor M.Schwenk von Bregenz
- Agnus Dei – aus der Messe in C von Zeller
- Haec dies – Oster-Graduale von K.Ett.
Die Gesangspiecen wurden von dem sehr gut geschulten Kirchenmusikchor Lindau unter der vortrefflichen Direction des Herrn Lehrers und Chorregenten Erdt, sehr gut ausgeführt und verdienen die sämmtlich Mitwirkenden mit ihrem Dirigenten alles Lob. Desgleichen verdienen alle Anerkennung die Vorträge auf der Orgel durch die Herren Domkapellmeister Stehle, Hochw. Herrn Domkapellmeister W.Widmann, des Herrn Lehrer a.D. Dollhopf aus Lindau, sowie des Herren Chorregenten Schwenk aus Bregenz. Stellen wir nun die Frage: ´Welchem von den ausgezeichneten Organisten sollen wir die Palme reichen? Ganz entschieden würde man uns zurufen: Keinem allein, Allen gebührt sie. Die Production war von den Bewohnern Lindaus sehr gut besucht und zwar von beiderlei Confessionen, denen sich auch I.K.H. Großherzog Ali???? von Toskana mit sämmtlichen Erzherzöginnen, sowie aus Vorarlberg die Fürstin v.Taxis, die Gräfinnen von Gravenreuth, Thun etc. etc. anreihten. Den Schluß der Produktion bildete das bekannte Kirchenlied: ´Großer Gott´ in welchem das prachtvolle Orgelwerk durch seine Kraft und Fülle noch mehr zur Geltung kam und auf allen Anwesenden ohne Zweifel einen sehr großen Eindruck machte. Möge diese schöne Feier Jedermann der ihr anwohnte, im besten Andenken bleiben.